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Hagen von Ortloff - 1.000 Sendungen SWR-Eisenbahn-Romantik

Exclusiv-Bericht: Hagen von Ortloff berichtet über 1.000 Sendungen SWR-Eisenbahnromantik

[Informationsverbund, Veranstaltung]
von R.F.

"Mr. Eisenbahn-Romantik" wird Hagen von Ortloff gerne genannt. Für In-Motion.Me hat er freundlicherweise die Geschichte der Sendereihe "Eisenbahn-Romantik" im SWR geschrieben. Anlässlich der 1.000. Sendung berichtet Hagen aus erster Hand.

Hagen von Ortloff berichtet selbst über sein "Lebenswerk", die Sendereihe "Eisenbahn-Romantik"

EISENBAHN-ROMANTIK

Eisenbahn-Romantik ist eine Sendereihe, die eigentlich per Zufall entstand, die aber schnell ihr Publikum fand. Dieses Publikum hat mit der Fernbedienung abgestimmt und aus einem Pausenfüller einen Dauerläufer gemacht. Oder: Mit Volldampf zum Quotenhit.

Hagen von Ortloff

Im Spätsommer des Jahres 1990 hatte die Sendeleitung des Süddeutschen Rundfunks Filmvorschläge für das Weihnachtsprogramm 1990/91 gesammelt. Ich selber konnte dazu einige Beiträge anbieten, hatte ich doch damals schon einige Filme produziert, in der Hauptsache über das Thema Eisenbahn. Die verantwortliche Kollegin aus der Sendeleitung, Mechthild Albus, sagte mir, dass sie die Vorschläge gut findet, aber leider einen Beitrag nicht verwenden kann, weil dieser zu lang sei. Ich könne ihn auch kürzen, meinte ich und stellte ihr in Aussicht, viele der Filme auf nahezu jede Länge schneiden zu können. Der vermeintliche Pausenfüller für die Programmlücke von 26 Minuten am 7. April 1991 war im Nachhinein gesehen ein historisches Ereignis: Eisenbahn-Romantik war geboren. Den Titel hatten wir quasi zwischen Tür und Angel festgelegt. Der Film über das Dampftreffen im Wutachtal 1987 sollte Folge 1 von nunmehr 1000 werden.

Die Titelszene entstammt einer Kassette, die eigentlich längst hätte gelöscht sein sollen, mein Bauchgefühl aber sagte mir: Tu’s nicht. Daraus entstand der heute legendäre Sendungseinstieg, wie Lok 99 633 mit ihren vier Wagen durch das hohe Gras stapft, unterlegt mit Klängen des Songs Sentimental Journey, interpretiert von Erwin Lehn und dem Südfunk Tanzorchester, und direkt in die Köpfe und Herzen der Zuschauer rollt. Über Jahre war dies der Sendungsbeginn und jedermann wusste: nach knapp 45 Sekunden kommt meine Wenigkeit, begrüßt unsere Zuschauer und sagt ihnen, was diese Sendung für sie bereithält.

Elf Sendungen wurden im Jahr 1991 ausgestrahlt, allesamt natürlich ‚Lückenfüller‘ mit ganz unterschiedlichen Längen und zu unterschiedlichen Zeiten. Aber man hat damals schon gesehen, dass Eisenbahn-Romantik mehr war als das: Eine Sendung, die schon im ersten Jahr häufig mehr Zuschauer hatte, als die Sendungen davor oder danach.

Eisenbahn-Romantik ist ein Zufallstreffer, der sich zu einem Glücksfall und zu einem Dauerläufer entwickelt hat. Ich selber habe die Archive der Süddeutschen Rundfunks, des Südwestfunks und der anderen ARD-Anstalten durchforstet nach Filmen zum Thema Eisenbahn. Damit konnte ich das Programm für etwa drei Jahre, knapp hundert Sendungen, abdecken. Aber dann wurde die Suche beschwerlicher und ein neues Kapitel begann: Wir fingen an die Filme selbst zu drehen. Erfolg und Resonanz stiegen kontinuierlich. Eisenbahn-Romantik etablierte sich und bekam auch bald einen festen Sendeplatz mit einer Länge von 30 Minuten.

Produktionsleiter der Sendung 512 "Stille Nacht an der Salzburger Lokalbahn" war Alexander Schweitzer.

Unterdessen war Bettina Bansbach als Kollegin hinzugestoßen, später folgten Alexander Schweitzer und Susanne Mayer-Hagmann. Wir haben alle ähnlich getickt, gefühlt und gehandelt: Der Zuschauer war immer unser Freund. Wir wollten, dass er die beeindruckende Welt der Eisenbahn mit allen Sinnen erlebt. Eisenbahn-Romantik holt nicht nur spektakuläre Bahntrassen aus aller Welt ins heimische Wohnzimmer, sondern richtet den Blick auch immer wieder nach links oder rechts des Gleises. Wir waren nie eine Sendung für die sogenannten ‚Pufferküsser‘, unser Anspruch war es, Sendungen für die ganze Familie zu produzieren. Unterhaltsam, informativ, spannend und verständlich zu sein – das war uns wichtig. Das Thema Eisenbahn birgt ein unglaublich weites Themenfeld. Man kann über Geschichte berichten, über Modellbahnen, über wunderbare Landschaften, über Züge mit großem Namen oder über Menschen, die dem Thema Eisenbahn nahestehen. Kurz, es gibt so viele unterschiedliche Facetten, dass die Sendungen nie langweilig oder eintönig werden. Fachwissen war nie das Wichtigste unserer Sendung. Die Oma auf der Schwäbischen Alb sollte „die Reise in die Eiswelt“ ebenso fasziniert miterleben wie der kleine Bub, der mit seinem Opa bei Eisenbahn-Romantik durch Afrikas Osten schaukelt. Information verständlich und unterhaltsam präsentieren. Das war und ist unser Erfolgsgeheimnis. Bis heute.

1.000 Folgen, unzählige Sendungen und 1 Milliarde Zuschauer!

Die positive Entwicklung von Eisenbahn-Romantik im Süddeutschen Rundfunk hatte natürlich auch die anderen Dritten Programme auf den Plan gerufen, so dass in den späten neunziger Jahren und nach der Jahrtausendwende nahezu alle die Sendereihe übernommen haben. Dazu wurde sie auch in 3sat, in Phoenix und später auch auf ARTE in einer Dreiviertelstunden-Version ausgestrahlt. Es gab Monate, da ist Eisenbahn-Romantik im Monat deutschlandweit über hundertmal gezeigt worden. Jede Sendung wurde im Durchschnitt von einer Million Zuschauer gesehen. Bei 1.000 Folgen kommt da eine Milliarde Zuschauer zusammen. ‚Nicht ganz schlecht‘, wie der Schwabe in aller Bescheidenheit sagen würde.

Zum Jubiläum 25 Jahre Eisenbahn-Romantik auf der Sauschwänzlebahn traf Hagen von Ortloff in Blumberg-Zollhaus im, nicht gerade fotofreundlichen roten Info-Stand des SWR auf die Eisenbahn-Freunde.

Mit einem neuen Fernseherdirektor beim SWR anno 2012 kam auch eine neue Programmphilosophie, die für Eisenbahn-Romantik eine tägliche Ausstrahlung bedeutete. Genügend Sendungen hatten sich ja unterdessen im Archiv angesammelt und da aller guten Dinge zwei sind, kam Eisenbahn-Romantik nun um 14:15 Uhr und um 14:45 Uhr. Und das bis heute. Eisenbahn-Romantik ist ein Dauerbrenner. Ich hätte eigentlich 2014 in Ruhestand gehen sollen, durfte noch knapp zwei Jahre länger machen bis zum 25. Geburtstag unserer Sendereihe, an dem ich mit leiser Wehmut, aber glücklich über den Erfolg vom Führerstand gestiegen bin, denn längst war klar, dass Eisenbahn-Romantik auch ohne mich weitergehen wird. Das war mir wichtig, denn Eisenbahn-Romantik ist nun mal mein Kind und das soll weiterhin wachsen und gedeihen. Bei meinem Nachfolger Harald Kirchner und seinem Redaktionsteam weiß ich Eisenbahn-Romantik in den besten Händen.

Bei den Horber Schienentagen ist Hagen von Ortloff regelmäßiger Gast. 2003 überreichten Gunter Mackinger Salzburger Lokalbahnen und Richard Fuchs Die Rote Elektrische als Dankeschön für die Eisenbahnromantiksendung "Stille Nacht auf der Salzburger Lokalbahn" einen Sack Mozartkugeln.

Hagen von Ortloff beim Binden einer "Dienstkrawatte"der Salzburger Lokalbahnen, hier bei den Horber Schienentagen 2003.

Und jetzt sind wir bei 1000 Sendungen angekommen. Natürlich haben wir neue Kommunikationsschienen angesteuert. Eisenbahn-Romantik hat auch seit vielen Jahren eine Webseite, die die damalige Redaktionsassistentin und die Seele der ganzen Sendung, Ione Scheuble, mit unglaublicher Begeisterung und mit einem sehr großen Zeitaufwand betreut hat. Und mit Erfolg. Die sogenannten ‚Klicks’ sind unglaublich hoch. Schon seit acht Jahren hat Eisenbahn-Romantik einen YouTube Kanal und ist damit rund um die Uhr und von Fans aus aller Welt abrufbar. Nicht zu vergessen der Eisenbahn-Romantik Club, der jährliche Kalender und die Zeitschrift Eisenbahn-Romantik. Alles Ableger, die prächtig gediehen sind.

Eisenbahn-Romantik war vor knapp 30 Jahren ein Pausenfüller, ein Notnagel, der sich beeindruckend entwickelt hat. Oder anders ausgedrückt: ich hatte in meinem Berufsleben eine wirklich gute Idee: Und die heißt Eisenbahn-Romantik. Zwar bin ich nicht mehr im Sender, gehe aber noch auf Messen und Ausstellungen und die Fans freuen sich über eine Unterschrift oder ein Selfie mit mir. Und ich freue mich über die Feststellung, dass Eisenbahn-Romantik längst Kult ist.

"Die Salzburger", sei es als Modelleisenbahnverein Salzburg oder Verein "Die Rote Elektrische" und "Club Salzkammergutlokalbahn" besuchten Hagen von Ortloff auf der Modellbahnmesse München. Den kleinen Luca Philipp dürfte Hagen ins Herz geschlossen haben. Die Obmänner (rechtes Foto) vom Verein "Die Rote Elektrische" Richard Fuchs und vom Club Salzkammergutlokalbahn Günther Gritsch berichteten Hagen vom aktuellen Schienenausbau in Salzburg.

Auch wenn unsere Themen nicht immer romantisch waren, wir haben auch über Streckenstilllegungen berichtet, über Bahnen die kein Happyend hatten und die es heute schon lange nicht mehr gibt. Wir konnten aber auch über Erfolgsgeschichten ins Bild setzen. Das Karlsruher Modell, bei dem Straßenbahnen auf DB-Gleisen fahren und auf diese Weise ein riesiges Nahverkehrsnetz entsteht. Über die Pinzgaubahn in Österreich, die nach einem Hochwasser nicht abgerissen wurde und die heute mehr Menschen transportiert, als je zuvor. Wir konnten durch unsere Sendungen mithelfen, dass die dampfbetriebenen Schmalspurbahnen in der ehemaligen DDR am Leben geblieben sind. Über Stuttgart 21 haben wir schon umfassend berichtet, ehe es zu einem politisch kontroversen Thema wurde.

Im Aquarell von Martin Hauser fährt die S5 Neue Ischlerbahn bereits entlang des Wolfgangsees im Salzkammergut. Real im Salzkammergut fährt die Regiotram (hier in Engelhof) von Vorchdorf durch Gmunden bis zum Bahnhof Gmunden. Elektromobilität in Form von Obus/Trolleybussen, wie in Salzburg, nehmen die Zukunft vorweg.

Wenn sich unseren Zuschauern auf faszinierend unterhaltsame Weise die Bedeutung der Eisenbahn für die Geschichte, Entwicklung ganzer Kontinente aber auch für Städte und die Mobilität z.B. auf dem Land erschlossen hat, haben wir unser Ziel erreicht,

Die Eisenbahn ist auch im dritten Jahrhundert ihres Bestehens eine bahnbrechende Technologie.

Mit anderen Worten: in jedem von uns steckt ein Stück Eisenbahn-Romantik.

Hagen von Ortloff