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Region
AT323 Salzburg und Umgebung
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DE122 Karlsruhe, Stadtkreis
Branche
Albtaler Verkehrsgesellschaft (AVG)
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Projekt RSB
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Die Rote Elektrische
SLB Salzburger Lokalbahnen

Themenschwerpunkt „Zweisystem TramTrain“

[Reportage, Informationsverbund]
von Richard Fuchs

Im Grunde ist die Idee „Karlsruher Modell“ relativ einfach. Mehrere Eisenbahnverwaltungen arbeiten zusammen und überziehen eine Region mit einem System an Zweisystem-Triebwagen, mit denen Fahrgäste aus der Region mitten ins Zentrum fahren.

Die Artikelserie "Faktencheck" mit diversen für den Zentralraum Salzburg relevanten "Themenschwerpunkten" ist speziell abgestimmt zum Kernthema "S-Link"

Das „Karlsruher Modell“ als Vorbild für Salzburg

Im Grunde ist die Idee „Karlsruher Modell“ relativ einfach. Es gibt mehrere Eisenbahnverwaltungen die zusammenarbeiten und eine ganze riesige Region mit einem System an Zweisystem-Triebwagen überziehen, mit denen die Fahrgäste umsteigefrei aus der Metropol-Region mitten in die Stadt fahren können. Umsteigefrei mit einer einzigen Fahrkarte, ohne Parkplatz-Suche, machen den öffentlichen Verkehr in Karlsruhe derart attraktiv, dass die Fahrgast-Nachfrage innerstädtisch an die Kapazitätsgrenze getrieben wurde, ja geradezu explodiert ist, so dass nun auch in Karlsruhe ein Innenstadt-Tunnel gebaut werden musste, der am 11.12.2021 in Betrieb genommen wurde.

Der Erfolg des „Karlsruher Modelles“ liegt im Zusammenspiel zwischen der technisch einfachen Oberleitung (Fahrleitung) der Bundesbahn und der innerstädtischen Stadtbahn bzw. den Zweisystem-Fahrzeugen. Das Geniale ist die Systemtrennstelle in der Fahrleitung und den Dachautomaten, die ohne den Triebfahrzeugführer selbständig die jeweils notwendige Fahrleitungsspannung sucht und schaltet. So ein System ist auch in Salzburg jederzeit möglich.

Rampe Albtalbahnhof Systemtrennstelle zwischen 750 Volt und 15 kV Wechselstrom.

Innerhalb von rund zwanzig Jahren wurde aus dem Karlsruher Straßenbahnnetz und einigen Regionalbahnen das modernste Nahverkehrsnetz Europas, die Regional-Stadtbahn Karlsruhe mit fast 400 Kilometern Linienlänge. Der leider schon verstorbene Vater des „Karlsruher Modells“ DI Dr. Dieter Ludwig erklärte die Erfolgsgründe. „Wir holen die Leute dort ab, wo sie wohnen und bringen sie dorthin, wo sie hinwollen und dies möglichst umsteigefrei“. „Unser neues Fahrgastpotential stellen die Autofahrer, die es satt haben, im Stau zu stehen. Dazu müssen wir mit unseren Bahnen mitten in die Herzen der Städte und Dörfer fahren“. Bahnsysteme und technische Schnittstellen interessieren den Fahrgast nicht. Er möchte möglichst nicht umsteigen. Diese technischen Probleme müssen die Länder, Städte und Bahnunternehmen lösen, damit die Regional-Stadtbahn sich völlig frei auf Straßenbahnen, Lokalbahnen und Bundesbahnen bewegen kann. Die entscheidenden Kernstücke im System des Regional-Stadtbahn-Netzes, neben den Mehrsystem-Zügen, sind die Innenstadtstrecken, egal ob ober- oder unterirdisch, die umsteigefrei aus der gesamten Region erreichbar sein müssen.

Bislang war dies in Karlsruhe und Heilbronn als oberirdische Straßenbahn möglich. Die Zugdichte in der Innenstadt Karlsruhe macht es allerdings mittlerweile notwendig, die Stadtbahnzüge aus der Region in einen Innenstadt-Tunnel zu verlegen. Dies war das unmittelbare Zukunftsprojekt im Mekka der Regional-Stadtbahnen Europas.

Visualisierung S-Link-Station Zentrum/Mozartsteg mit Stadtbahnstation Karlsruhe Marktplatz/Pyramide und Bombardier Flexity Swift AVG

Die Regional-Stadtbahn hat gewaltige räumliche Entwicklungsschübe, besonders für die ländlichen Gemeinden in Richtung Siedlungsentwicklung und Betriebsansiedlungen gebracht. In der Käthchenstadt Heilbronn sieht man gewaltige wirtschaftliche, raumplanerische und auch touristische Chancen durch die Verknüpfung der Stadt mit der Region durch die Regional-Stadtbahn.

Herzstück der Mobilität S-Link Visualisierung Tunnel Stadtbahn Karlsruhe mit Ziele außerhalb von Salzburg Regionalstadtbahn

Auf die geradezu logische Frage an die Verantwortlichen in Karlsruhe, warum im Raum Karlsruhe laufend so erfolgreich Regional-Stadtbahnen ausgebaut werden können und es aber nur zögerlich Nachahmer in anderen Regionen gibt, gab Dir. Ludwig zu, dass es fast nur mit engagierten Betreibern der Idee geht, denen es gelingt, den politisch Verantwortlichen klar zu machen, dass der effizienteste öffentliche Verkehr gleichzeitig auch der wirtschaftlichste ist, wenn man die anfangs genannten Kriterien auch ernst nimmt. Der wirtschaftlichste öffentliche Verkehr ist nun einmal das System Regional-Stadtbahn. Gegen viele Mythen und Legenden wie „Bus billiger als Bahn“ und „Tunnel nur für Millionenstädte“ ist oftmals die Sachargumentation auf verlorenem Posten. Aus diesem Grund wird sogar noch heute, wider besseres Wissen, über Einstellungen von Bahnstrecken diskutiert, obwohl man mittlerweile längst weiß, dass damit langfristig nur den ÖV insgesamt zerstört wird.

Übersichtsplan Systemtrennstellen S-Link Salzburg

Das lässt für die Regional-Stadtbahn mit dem Innenstadt-Tunnel in Salzburg hoffen, der längst zur Entscheidung ansteht! Wer Entscheidungen zum Thema Schienenverkehr zu treffen hat, muss unbedingt Karlsruhe gesehen haben. Denn dann weiß man sofort in welche Richtung die Verkehrszukunft geht und wie leicht sie zu realisieren ist, wenn man nur will!

Zweisystem-Stadtbahn-Triebwagen zu Besuch im Zentralraum Salzburg

Die Parallelen zwischen Karlsruhe und Salzburg

Wendeanlage im unterirdischen Lokalbahnhof Salzburg mit Triebwagen ET44. Foto: Dietmar Tollerian.

Karlsruhe hat (2019) rund 313.000 Einwohner und die Metropolregion Karlsruhe ca. 2,4 Millionen (2017) Einwohner. Salzburg hat (2019) rund 155.000 Einwohner und der Zentralraum ca. 2,1 Mio. Einwohner. Eine Grenze mit einem Nachbarstaat, konkret Frankreich, ist von der Stadt Karlsruhe etwas weiter entfernt, während die Staatsgrenze zu Deutschland unmittelbar an der Stadtgrenze von Salzburg liegt. In beiden Regionen reichen die täglichen Pendlerströme weit über die genannten Staatsgrenzen hinaus. Karlsruhe ist, genauso wie Salzburg, ein überregionaler Bahnknoten. Das entscheidende Kriterium aber war ursprünglich das Vorhandensein einer „nicht bundeseigenen Eisenbahn“ (österr. „Privatbahn“) als eine Art „Überland-Straßenbahn“ oder jüngster Begriff „Regionalstadtbahn“. In Karlsruhe wurde die „Albtalbahn“ zum mittlerweile umfangreichen Stadtbahn-Netz ausgebaut. In Salzburg ist die „Salzburger Lokalbahn“, ebenfalls eine Stadtbahn, die nur im Güterverkehr eine vollwertige Eisenbahn ist.

Pressefoto von Stadler Rail Group die den neuen VDV-TramTrain in verschiedenen Lackierungen zeigt. © Stadler Rail Group.

Analog zur „Lokalbahn rund um den Untersberg“ vor über 100 Jahren müssen Politik und die Eisenbahn-Verkehrsunternehmen vernetzt denken und planen, ein gemeinsames S-Bahn-Netz mit TramTrain-Fahrzeugen (Regionalstadtbahn, Light Rail Transit System) mit dem pulsierenden Herzstück Innenstadt-Tunnel zu realisieren. Das Land Salzburg, das den Regionalstadtbahn-Innenstadttunnel mittlerweile ganz offiziell realisieren wird, hat den Kunstbegriff „S-Link“ geschaffen, um dazu eine unaufgeregte positiv besetzte Bezeichnung zu finden.

In Salzburg ist die Projektgesellschaft Regionalstadtbahn Salzburg GmbH. dabei den Innenstadttunnel durch die Salzburger Altstadt zu planen und 2023 mit dem Bau zu beginnen! Der ambitionierte Projekt- und Bauphasenplan für den „S-Link“ seitens des Landes Salzburg sieht folgende Meilensteine vor:

• 2024 BAUBEGINN des Innenstadt-Tunnels • 2026 Eröffnung des S-Link bis zum Mirabellplatz • 2029 Eröffnung des S-Link bis Hallein

In Karlsruhe, genauso wie in Salzburg gibt es Gegner, die um der puren Gegnerschaft willen (Widerspruch als Selbstzweck) und ohne Alternativkonzepte zur Stauvermeidung, den Schienenpersonen-Nahverkehr bekämpfen. Mit der Inbetriebnahme des Innenstadt-Tunnels in Karlsruhe am 11.12.2021, nach allen Schwierigkeiten, schmilzt die Phalanx der Gegner. Da ist Karlsruhe Salzburg voraus und die Salzburger Verkehrsinitiativen können derzeit nur neidvoll nach Karlsruhe schauen.

Nein zum Stau, Ja zum S-Link.